Interview zur passgenauen Fütterung von Absetzern
„Nach dem Absetzen können Fohlen den Wegfall der Muttermilch mit Raufutter allein nicht kompensieren.“
Das Absetzen ist ein einschneidendes Erlebnis im Leben eines Fohlens. Neben der Trennung von der Stute, ist das Absetzen in der Regel mit einem Umzug in einen neuen Stall verbunden, gepaart mit dem Kennenlernen und Einfügung in eine neue Gruppe gleichaltriger Jungpferde. Auch die Futteraufnahme verändert sich deutlich. Mit dem Absetzen und dem Wegfall der Muttermilch, nehmen Fohlen ausschließlich feste Nahrung auf. Das alles verursacht Stress und sollte daher gut vorbereitet werden. Wir sprachen mit Fütterungsexpertin Barbara Wefers von deukavallo, wie Pferdehalter*innen ihren Fohlen das Absetzen möglichst angenehm und stressfrei gestalten und wie sie eine angemessene Fütterung dabei unterstützen kann.
Wann werden Fohlen von der Stute abgesetzt?
Wefers: „Für gewöhnlich werden Fohlen im Alter von fünf bis sechs Monaten von der Stute abgesetzt. Das ist ein Durchschnittswert, schließlich ist das Absetzen von der körperlichen Entwicklung des Fohlens abhängig. Erst wenn sich Magen und Darm ausreichend entwickelt haben und das Fohlen nennenswerte Krippenfuttermengen aufnehmen kann, sollte die vollständige Umstellung auf feste Nahrung erfolgen.“
Kann man Fohlen auch zu früh absetzen (z. B. nach drei Monaten)?
Wefers: „Auf jeden Fall! Damit Fohlen das Ausbleiben der Muttermilch kompensieren können, müssen sie feste Nahrung ausreichend verdauen können. Hierfür muss Magen und Darm der jungen Pferde ausreichend entwickelt sein. Das ist meist erst nach Erreichen des 4. Lebensmonats der Fall. Vorher sollte man Fohlen besser nicht absetzen!“
In welchen Monaten werden Fohlen zumeist abgesetzt?
Wefers: „Das kommt immer darauf an: Die meisten Fohlen kommen in April und Mai zur Welt – manche Nachzügler auch im Juni. Daher fällt das Absetzen üblicherweise auf die Monate Oktober und November.“
Wann bezeichnet man Fohlen als Absetzer?
Wefers: „Man bezeichnet Fohlen in der ersten Winterhälfte ihres Lebens als Absetzer. Diese Phase beginnt mit dem Tag, an dem sie die Stute verlassen, in einen anderen Stall umziehen und ausschließlich feste Nahrung aufnehmen. Ab dem darauf folgenden Jahreswechsel bezeichnet man sie dann bereits als ,Jährlinge‘ – unabhängig davon, wann genau sie geboren sind und wann das Absetzen erfolgt ist.“
Wie belastend ist das Absetzen für Fohlen?
Wefers: „Das Absetzen ist ein gravierender Einschnitt im Leben des Fohlens. So wichtig das Absetzen für die weitere Entwicklung ist, so stressig und emotional prägend ist das Erlebnis für Fohlen und Stute. Man muss immer bedenken: Bis zum Absetzen ist das Fohlen nahezu ununterbrochen in Kontakt seiner Mutter. Das schafft ein enges emotionales Band. Beim Absetzen wird dieses Band dann – meist abrupt – gekappt. Gerade deshalb Bedarf das Absetzen der Planung und viel Fürsorge seitens der Halter*in.“
Wie lässt sich der Stress beim Absetzen des Fohlens reduzieren?
Wefers: „Da gibt es leider kein Patentrezept. Jede*r Pferdehalter*innen muss letztlich selbst entscheiden, wie sie*er das Fohlen absetzen möchte. Um unnötigen Stress zu vermeiden, hat es sich bewährt, Fohlen und Stute über einen Zeitraum von mehreren Wochen schrittweise für immer längere Zeiträume zu trennen.“
Wie setzen wildlebende Pferde ihre Fohlen ab?
Wefers: „In freier Wildbahn erfolgt die Entwöhnung meist langsamer und schleichender als bei Hauspferden. Da Stuten bis zur Geburt des nächsten Fohlens weiterhin Milch geben, nehmen Fohlen in der Wildnis Muttermilch über längere Zeit auf als ihre Verwandten in Ställen. Mit dem Rückgang der Milchleistung der trächtigen Stute, nehmen die jungen Pferde dann immer mehr feste Nahrung auf. Es ist aber durchaus nicht ungewöhnlich, dass freilebende Fohlen noch im zweiten Lebensjahr weiterhin Stutenmilch aufnehmen – wenn auch nur in geringen Mengen.“
Warum ist das Absetzen wichtig für Fohlen und Stute?
Wefers: „In den ersten Lebensmonaten wachsen Fohlen rasant: Im ersten Lebensjahr bereits auf knapp 60 Prozent ihrer späteren Größe. In dieser Phase intensiver Entwicklung und vielfältiger Veränderungen, werden die Weichen für die weitere körperliche, emotionale und soziale Entwicklung Pferdes gestellt. Gerade jetzt ist es wichtig, dass sie mit gleichaltrigen Artgenossen in Berührung kommen. Nur so können sie soziale Kompetenz erwerben und ihren Platz in der Herde finden. Vorbildlich abgesetzte Fohlen sind später sowohl körperlich als auch geistig gesünder als Artgenossen, die weniger oder später Kontakt zu gleichaltrigen Artgenossen hatten. Defizite lassen sich später nur schwer oder gar nicht wieder aufholen.
Aber auch für die Stute ist das Absetzen wichtig und bedeutsam. Die Aufzucht des Fohlens kostet Kraft und die Laktation zehrt an der Substanz. Stuten benötigen eine Zeit der Ruhe und Regeneration; gerade, wenn sie wieder trächtig werden sollen, oder wenn sie trächtig sind, bevor sie in die
Kann schlechtes oder falsches Absetzen das Fohlen krank machen?
Wefers: „Absolut! Das Fohlen erlebt das Absetzen als eine stressreiche und von Verlustängsten geprägte Phase. Das Fehlen der Mutterstute, der Wechsel in einen anderen Stall und das Zusammentreffen mit neuen Artgenossen. All das kann das Fohlen verunsichern – Unruhe, Appetitlosigkeit bis hin zu Durchfall sind mögliche Folgen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Fohlen in dieser Zeit durchaus auch mit Magenproblemen zu kämpfen haben. Nach der behutsamen Eingewöhnung in die unbekannte Umgebung und Eingliederung in die neue Herde, sollten sich die akuten Probleme wieder verbessern.“
Welche Nährstoffe benötigen Fohlen nach dem Absetzen?
Wefers: „Stutenmilch ist reich an wichtigen Nährstoffen. Für das rasche Wachstum benötigt das Fohlen ausreichend Energie und hochwertiges Protein. Wenn sie von hochwertigen Proteinen sprechen, dann meinen Tierernährer*innen stets die Versorgung mit allen wichtigen Aminosäuren – den Bausteinen, aus denen Protein besteht. Hierzu zählen beispielsweise Lysin, Methionin, Cystein und Threonin. Pferde benötigen sie zur Bildung von Muskeln, Knochen und Sehnen. Insbesondere im ersten Lebensjahr ist der Proteinbedarf hoch. Aus diesem Grund ist der Proteingehalt in Aufzuchtfuttern für Absetzer (z. B. deukavallo Zuchtmüsli) entsprechend hoch.“
Welche Folgen hat ein Nährstoffmangel auf Fohlen bzw. Absetzer?
Wefers: „Das lässt sich pauschal schwer beantworten. Der Mangel jedes Nährstoffs äußert sich anders. Beispielsweise erkennt man einen Vitamin-A-Mangel meist an einem schwachen Immunsystem, eine Unterversorgung mit Zink hingegen an der Ausbildung von Fohlenwarzen, Mauke, Infekte oder Störungen bei der Wundheilung.
Auch muss man zwischen einem akuten, kurzzeitigen Mangel und langfristigen und anhaltenden Unterversorgung unterscheiden. Kotwasser, Kolik oder Magengeschwüre können kurzfristig durch Fütterungsfehler entstehen. Gelenk- und Sehnen-Probleme sowie brüchige Knochen zumeist Folgen eines anhaltenden Mangels. Pferdehalter*innen sollten sich im Zweifel mit ihrem*r Tierärzt*in oder Fütterungsexpert*in besprechen.“
Was ist mit Vitaminen und Spurenelementen? Sind auch sie wichtig?
Wefers: „Natürlich. Insgesamt ist der Bedarf an Vitaminen, Spurenelementen und weiteren Nährstoffen beim Fohlen deutlich höher als bei ausgewachsenen Pferden. Zumal sie wachstumsbedingt auch nur kleinere Krippenfuttermengen aufnehmen können und demensprechend nährstoffkonzentrierte Futter benötigen.
Ein wichtiger Grund: Fohlen im ersten Lebensjahr wachsen schnell. Damit sich das Skelett regelrecht entwickelt, benötigen die jungen Pferde ausreichend Vitamin D. Da das „Sonnenvitamin“ mit der Knochenbildung in Zusammenhang steht, kann ein Vitamin-D-Mangel zu Entwicklungsschäden im Bewegungsapparat führen. Auch eine Unterversorgung mit Calcium, Phosphor, Kupfer oder Mangan wirken negativ auf die Entwicklung. Ein geeignetes Kraftfutter (z. B. deukavallo Zuchtmüsli) sollte deshalb eine entsprechende Nährstoffausstattung besitzen.“
Benötigen Fohlen Kraftfutter nach dem Absetzen?
Wefers: „Auf jeden Fall! Fohlen können den Wegfall der nährstoffreichen Muttermilch nicht allein durch Raufutter kompensieren. Das gilt umso mehr im Herbst, wenn dem Fohlen nur Heu und Stroh zur Verfügung steht. Eine Nährstoffmangel und damit einhergehende Entwicklungsprobleme wären eine zwangsläufige Folge.
Eine gezielte, bedarfsgerechte Gabe von auf die Zucht abgestimmter Kraftfutter sichert die Versorgung des Fohlens mit allen wichtigen Nährstoffen. Das legt den Grundstein für eine artgerechte Entwicklung. Vor allem Kraftfutter auf Haferbasis haben sich bewährt (z. B. deukavallo Zuchtmüsli).
Im Frühling, wenn die Fohlen ihr erstes Lebensjahr vollendet haben, können sie einen Großteil des Bedarfs durch sattes, saftiges und nährstoffreiches Weidegras decken. Ab diesem Zeitpunkt können spezielle Zuchtfutter aus der täglichen Fütterung wieder auslaufen und Pferdehalter*innen auf ein Basiskrippenfutter oder Mineralfutter umsteigen.“
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